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3. Markusbrief (über den Verstand)

Jemand sprach mich an:

„Ah, Du bist jetzt also erleuchtet? Ok.“ (schräger Blick von unten)
Ich entgegnete: „Ja. hihi. Immer mal wieder.“
So wie alle Menschen. Und manche merken es, manche merken es nicht. Und alle kämpfen wir mit unserem Verstand und unseren Vorstellungen und Einstellungen. Aber wenn wir dabei bewusst sind, sind wir
der „Erleuchtung“ oder Bewusstheit immer sehr nah. Oder ihrer zumindest sehr bewusst. Oder wir sind mal eben gleich „erleuchtet“...hihi

Der Verstand ist im Moment einer direkten Erfahrung (Erleuchtung) nicht existent. So wie im Tiefschlaf.
Wir sind, aber wir sind uns dessen nicht mit dem Verstand bewusst.

Deshalb hat der Verstand auch Angst vor dem Erleuchtungsmoment, da er spürt, dass er sterben wird. Zumindest für die Dauer der Erfahrung. Dorthin, wo wahre Erkenntnis ist, kann der Verstand nicht folgen.
Manchmal warnt er mich auch, kurz vor einer direkten Erfahrung:
„Stop! Kehr um! Das ist gefährlich! Wenn du mich verlierst, verlierst du den Verstand! Ist doch logisch.“
Oder er gibt auf und will mir helfen und ruft mir zu:
„Jetzt!! Lass los. Du musst ins Dunkle springen. Spriiiing!“
Aber es ist gar kein Sprung. Es ist nur ein Schritt. Der Verstand kann nicht hinter die Erfahrung sehen und so denkt er, es drohe ein Abgrund. Dabei ist es nur ein winziger Schritt zum Loslassen und da kann mich die direkte Erfahrung erreichen.

Auf einem E.I. mit Yamini in der Göhrde, nahm ich zum erstmal bewusst „die Stille um die Dinge“ wahr, von der soviel erwachte Lehrer reden. Ich hatte es bis dahin immer für ein symbolhaftes Benennen gehalten. Auf die Art: Gott ist Stille und wir alle sind in Gott. Gedankenstille. Bewegungslosigkeit, Ruhe, Schweigen, Meditationsstille vielleicht. Aber ich konnte auf einmal die Stille tatsächlich wahrnehmen, sehen.


Alles ist Stille.


Es gibt nichts ausser der Stille.

Und in diese Stille hinein erscheinen alle Dinge: ein Mensch vielleicht, ein Planet, ein Salzstreuer oder ein Baum,

dessen jedes einzelne Blatt von Stille umgeben ist,

fast wie ein Heiligenschein, 1000 Heiligenscheine, hihi

Als hätte man zu lang in die Sonne gesehen und würde jetzt ein Leuchten rund um die Dinge quasi halluzinieren.
Und die Stille so wahrzunehmen, lässt die Dinge, die ich in der Stille sehe, zu unglaublichen, tränenrührenden, strahlend schönen Dingen werden. Oder vielmehr erkenne ich jetzt ihre Schönheit, die ich vorher nicht wahrnehmen konnte. Das Gesicht eines Menschen, eigentlich der ganze Mensch vor mir, erscheint in der Stille und ich erkenne sein Strahlen in Schönheit. Es ist überwältigend.

Das war der Beginn meiner Erfahrung. „Und diesmal“, so erzählte ich es Yamini, „war mein Verstand wach! Er war dabei, als ich mich sagen hörte: Alles ist richtig und schön, selbst der Mord im Krieg, es gibt kein schlecht oder gut. Alles ist.“ (deswegen halten sich viele Menschen auch an Gebote oder an die Yamas und Niyamas, damit sie niemanden verletzen, wenn scheinbar Recht und Unrecht verschwimmen. Dazu später mehr).

Yamini entgegnete, dass ich doch wisse, dass das in einer Erfahrung nicht möglich sei. Ich war überzeugt, zumindest in der zweiten Hälfte der Erfahrung den Verstand zu hören. Yamini fragte mich, wie lange denn meiner Meinung nach, die Erfahrung gedauert hätte. Na, 1-2 Minuten, entgegnete ich. Yamini lächelte und teilte mir mit: „Markus, das waren 15 Minuten. 15 Minuten, die ich den ganzen Tag nicht mehr im Stundenplan ausgleichen konnte. Du hast Wahrheiten verkündet. Wir alle haben einfach nur zugehört. So magst du die letzten 30 Sekunden mit deinem Verstand wieder in unser Universum eingetaucht sein. Aber ich denke doch, er war nicht dabei.“

Nein, das war er nicht. Ich weiss bis heute nicht wirklich, was ich da erzählt habe und erst über viele Dyaden kamen so einige Wissensfetzen in meinen Verstand, so dass ich sie ordnen konnte.

Der Verstand ist ein hilfreicher Mitarbeiter in uns. Doch ich gebe ihm manchmal viel zu viel Macht und Verantwortung. Der Verstand ist dann überfordert und plappert sinnlose Dinge. Nachts um drei: „Du musst jetzt über deine Probleme nachdenken!
Dieser Mensch will dir vielleicht böse.
Die Welt ist eine Kampfarena.
Du bist nicht gut genug.
Die Erleuchtung wird dich ins Irrenhaus bringen.
Dieses Auto wird dich endlich glücklich machen.
Wenn du gesund und reich bist, wird alles gut sein in deinem Leben.
Die Anderen sind schuld an deiner Wut, Verzweiflung, Ratlosigkeit, Mühe. Die Anderen. Erziehe sie!!“

Ich höre meinem Verstand immer zu. Ich kann ihn nicht oft zum Schweigen bringen. Aber seit ein paar Jahren, hüte ich mich davor, ihm zu glauben. Denn er ist so jung und er weiss so wenig. Er ist erst 52. Ich aber bin ewig. Was kann er also denken, das ich nicht tief in mir schon weiss? Haha.
Der Verstand ist ein wertvoller Helfer, und anders als viele Gurus lehren, glaube ich nicht, dass er unsere Feind und der Verhinderer von Erleuchtung ist. Er ist mit seinem Job in der modernen Welt schlicht überfordert. Wir sollten ihn, wie einen Soldaten „zurück ins Glied“ befehlen.

Damit ich sagen kann: „ich benutze meinen Verstand“, anstatt „mein Verstand denkt/lenkt mich.“
Wir sagen ja auch: „ich verdaue“. Dabei TUN wir das doch gar nicht. Es geschieht uns. Unser Körper macht seinen Job. Aber wenn der Magen knurrt, entscheiden wir, was wir tun. Essen oder Hungern. Das zu entscheiden, ist nicht seine Aufgabe. „Zurück ins Glied und danke für den Hinweis“
So können wir auch mit unserem Verstand reden.

Εγώ είμαι Εγώ (egho im(e) egho)

Ich bin ich (und nicht mein Verstand).


Zum Schluss, wie angekündigt, noch ein paar Sätze zu gut und böse.

Es ist natürlich erschreckend, zu entdecken, dass in einer Gräueltat und einem Liebesdienst dieselbe Liebe, Schönheit und Wahrheit steckt. Identische Berechtigung.
Wenn der Mord geschieht, ist er. Es ist wie es ist unveränderbar. Oder: Schenken kann nicht existieren ohne Stehlen. Gut bringt automatisch Böse ins Universum. Die Dualität unseres Daseins schafft das Dunkle, damit dass Helle sichtbar wird.
Damit wir in unseren Handlungen in dieser unendlichen Liebe Gottes nicht alle Form und jede Orientierung verlieren, haben weise Menschen vor einigen Jahrtausenden die Yamas benannt:

1. Ahimsa, meint die Abwesenheit von Gewalt. Ahimsa soll in Gedanken, Worten und Taten praktiziert werden. Wir verletzen niemanden. (Gedanke: Verletze ich durch Liebesentzug?)

2. Satya, die Wahrhaftigkeit, Wahrheit. Gemeint ist, in Worten, Taten und Gedanken wahrhaftig zu sein und die Wahrheit zu sagen. (Gedanke: Will ich wirklich, dass diese Partei regiert?)

3. Asteya bedeutet, nichts zu nehmen, was einem nicht gehört (oder gegeben wurde). Dies bezieht sich nicht nur auf materielles, sondern auch auf geistiges Eigentum. (Gedanke: Gehört mir der Grund auf dem ich baue? Wirklich?)

4. Brahmacharya ist die „Bewegung auf das Wesentliche hin“. Damit ist gemeint, dass der Mensch sein Leben und seine Beziehungen zu Menschen und Dingen so gestaltet, dass sie seinem Streben nach Weisheit und seinem Verständnis der höchsten Weisheiten förderlich sind. (Gedanke: Machen mich vier Sommerkleider liebenswert?)

5. Aparigraha bedeutet Nicht-Zugreifen. Gemeint ist, immer nur das anzunehmen, was angemessen ist, keine vermeintlich „günstigen“ Gelegenheiten zu nutzen (Mitnahme-Mentalität) und keine anderen Menschen auszunutzen. Auch bei der Annahme von Belohnungen und Geschenken soll der Mensch sich zurückhalten. (Gedanke: Was passiert, wenn ich immer nach dem günstigsten Angebot suche?)

Die Wertigkeit richtet sich nach der Reihenfolge. Wenn ich also jemanden durch eine Wahrheit verletzen würde, werde ich auf das Aussprechen der Wahrheit(2) verzichten, um nicht zu verletzen(1).

Und dass wir diese Regeln ständig brechen, ist selbstverständlich und menschlich. Kein Grund, uns deswegen zu verurteilen.

Es ist nur - eine Richtschnur.

Haha, das reimt sich „und alles was sich reimt, ist gut“ (Pumuckl)








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